Dekanin Christiane Murner Foto: Christian Amthor
Dekanin Christiane Murner Foto: Christian Amthor

Gedanken zum Reformationstag: Was wird hier gefeiert?

Erstellt von cm/hoe |

„Versöhnte Vielfalt“ –so könnte die Zukunft der evangelischen und katholischen Kirche aussehen, sagt Dekanin Christiane Murner.

 

In diesem einen Tag verdichtet sich die lange Geschichte voller Menschen, die für ihren evangelischen Glauben über Jahrhunderte einstanden. Einer von ihnen, der Mönch Martin Luther, hat die Bibel genau studiert. Nach seinem Bibelstudium kamen ihm viele Frage an seine Kirche, die Mächtigen seiner Zeit und die Bevölkerung. So schrieb Luther Thesen, die Andere zur Diskussion und zum Widerspruch anregten, und auch die Sehnsucht vieler Menschen nach Reformen in der Kirche, Wissenschaft und Staat aufnahmen. Luther war überzeugt: Wir sind vor Gott (ge-)recht, weil Jesus Christus für uns gestorben und auferstanden ist. Jesus tritt für uns vor Gott ein. 

Luther hat seinen Glauben aus der Bibel gewonnen und im Gespräch mit anderen Menschen immer wieder reflektiert. Alle Menschen sollten die Bibel selbst lesen können, meinte Luther. Darum hat er die Bibel ins Deutsche übersetzt. Er hat dabei immer neue Wörter gesucht und gefunden. Begriffe, die heute ganz selbstverständlich zu unserem Wortschatz gehören wie z.B. Gewissensbisse oder Geizhals. 

Die eigene Gewissensentscheidung in Fragen des Lebens und die innere Beteiligung der Menschen im Gottesdienst waren zentrale Anliegen der Reformation. Die Menschen sollen verstehen, was im Gottesdienst aus der Bibel vorgelesen wird, so Luther, sie sollten mitsingen und mitbeten können. 

„Hier stehe ich, ich kann nicht anders..“- Diese Gewissensentscheidung Martin Luthers unter dem äußerstem Druck der Verfolgung beeindruckt noch heute. 

Heute gibt es die evangelische Kirche in vielen Ländern mit verschiedenen konfessionellen Ausprägungen, während manche Zeitgenossen sich eine stärkere Einheit oder eine einheitliche, verbindliche Lehr-Meinung zu ethischen Fragestellungen auch bei der evangelischen Kirche wünschen. 

Ökumene heute - Gott sei Dank, sind die Zeiten der Glaubenskämpfe bei uns vorbei, wenn auch Mancher noch aus seiner Kindheit schlimme Geschichten zu erzählen weiß. Die Gegenwart ist anders: Wir, Evangelische und Katholische, begegnen uns auf Augenhöhe. Miteinander im Chor singen, ökumenische Gottesdienste feiern, ökumenische Trauungen – all das gehört heutzutage zum Alltag, und das ist gut so. 

„Versöhnte Vielfalt“ –so könnte die Zukunft der evangelischen und katholischen Kirche aussehen. Wir haben gemeinsame Wurzeln in der Bibel, in der Tradition und im Glauben. Und wir haben auch eigene Identitäten und Profile, die wir bewahren wollen. Bei uns, evangelischen Christen, können Frauen alle Ämter in der Kirche innehaben. Das Priestertum aller Gläubigen bedingt bei uns, dass Haupt- und Ehrenamtlichen gleichberechtigt miteinander die Kirche leiten auf Landes-, Dekanats- und Gemeindeebene.

Mein Wunsch für die Zukunft ist, dass wir in der Ökumene weitere Schritte aufeinander zu machen, und dass wir miteinander auf die Probleme unserer Zeit aufmerksam machen und gemeinsam versuchen Antworten zu finden. Und ich hoffe, dass ich es noch erlebe, dass wir miteinander am Tisch des Herrn Abendmahl feiern.

Ihre Dekanin Christiane Murner

 

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