Zehn Minuten vor sechs. Die Bremsen des Müllautos quietschen vor dem Nachbarshaus, keine 30 Meter von meinem Bett entfernt. Die Hydraulik hebt die schwere Tonne und ich höre, wie der Inhalt in den Schredder fällt. Heute ist die Papiertonne dran.
Zehn Minuten Schlaf hätte mir mein Wecker noch gegönnt. Aber das Müllauto war schneller. Ich bin wach.
Wann haben die beiden, der Fahrer und sein Kollege hinten auf dem Trittbrett ihre Tour heute angefangen?, frage ich mich. Heute und gestern und vorgestern und die nächste Woche und die übernächste Woche? Sie fangen auf jeden Fall früher an, als ich mein Tagwerk beginne.
O ja, ich kann dankbar sein, dass es Männer und Frauen gibt wie die beiden, die mir heute 10 Minuten Schlaf gekostet haben.
Sie sind ein Segen, weil sie verhindern, dass wir in Müll ersticken. Sie sind ein Segen nicht nur mich und meine Frau, sondern für die ganze Stadt.
Wer sagt diesen Männern mal Danke für das, was sie tun? Diesen Männern und all den anderen, die für das Gemeinwohl arbeiten, während viele andere noch schlafen; all denen, in den Backstuben und hinter den Theken, in den Krankenhäusern und Pflegeheimen, all denen, die Tag und Nacht dafür sorgen, dass Strom und Wasser fließen in unseren Wohnungen, dass die Kinder rechtzeitig in die Schule kommen, …
Wenn der Sommer wie in diesen Tagen seinem Ende entgegen geht und die Felder zum größten Teil abgeerntet sind, wurde in früheren Zeiten Erntedank gefeiert, vielleicht bewusster als viele es heute tun. Zeit Gott und den Menschen zu danken.
Das Müllauto mit den quietschenden Bremsen heute um zehn vor sechs hat mir das neu bewusst gemacht: unser Komfort, unsere Versorgung und unsere Sicherheit sind nicht selbstverständlich und noch weniger von uns selbst gemacht.
Gott sei Dank gibt es Menschen, die für das Gemeinwohl arbeiten.
Und gebe Gott, dass in diesen Zeiten die lebensnotwendigen Güter auch die Menschen erreichen, die sie noch viel nötiger brauchen als ich.
Und gebe Gott, dass die Menschen, die dafür arbeiten und sich abmühen, die nötige Unterstützung bekommen. Sie sind ein Segen für viele. Danke.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Übergang vom Sommer in einen farbenfrohen Herbst
Ihr Pfarrer Michael Murner